Von Sprache und (Ohn-)Macht

Von Sprache und (Ohn-)Macht

Unter den unzähligen Opfern, die der grausame Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bislang gefordert hat, zählen viele auch die russische Sprache. Dass diese jedoch, im Gegenteil, als politisches Instrument eingesetzt wird und für viele Menschen mit Gewalt und Unterdrückung verbunden ist, bleibt dabei häufig unbeachtet. In ihrem Essay versucht Julia Grasmik, ihr persönliches Verhältnis zur russischen Sprache zu ergründen und stellt dabei Narrative infrage, die sich bis heute in vielen russlanddeutschen Kreisen aufrechterhalten.

Von Sprache und (Ohn-)Macht

 

Mit ungefähr zehn Jahren besuchte ich, gemeinsam mit meinem kleinen Bruder, privaten Russischunterricht bei einer älteren russlanddeutschen Dame. Einmal die Woche gingen wir zu ihr in die kleine Wohnung, um dort vor allem Lesen und Schreiben in kyrillischer Schrift zu lernen. Sie gab uns Noten nach russischer Art für unsere Hausaufgaben, die wir in kleine Heftchen, Tetradki, niederschrieben. Zum Abschluss des Lernjahres gab es eine Aufführung aller Schüler [1]vor unseren Eltern: Jeder von uns musste ein kurzes auswendiggelerntes Gedicht vortragen, wie es auch im sowjetischen Bildungssystem üblich war. Mein Gedicht, Kotjata, handelte von fünf Kätzchen, und ich trug es stolz, aber vermutlich mit einem leichten deutschen Akzent vor. Als ich es vor kurzem aus nostalgischer Neugierde im Internet suchte, wurde ich stutzig: Der Dichter, Sergej Michalkow, schrieb nicht nur Kindergedichte. Im Auftrag von Stalin entwarf er die Hymne der Sowjetunion und dichtete sie zunächst für Breschnew und schließlich auch für Putin um. Für Ersteren war er einer der Schriftsteller, die als sogenannte „Ingenieure der Seele“ mit ihrem Werk zur Erschaffung regimetreuer Sowjetbürger beitragen sollten; Letzterer würdigte ihn mit dem Verdienstorden für das Vaterland.

 

Zwischen kindlicher Unschuld und politischer Ideologie bewegt sich bis heute mein Verhältnis zur russischen Sprache. Als in Deutschland geborene Tochter von Spätaussiedlern, die mit der Auswanderungswelle 1993 aus Kasachstan kamen, wuchs ich vor allem während meiner frühen Kindheit mit der Muttersprache meiner Eltern auf. Mir wurden Einschlaflieder auf Russisch vorgesungen, Geschichten auf Russisch erzählt, und ich sprach anfangs auch selbst überwiegend Russisch im Alltag, bevor ich durch die Kindergarten- und Schulzeit immer mehr und später ausschließlich ins Deutsche überging. Meine Russischkenntnisse blieben somit auf einem kindlichen Niveau, und es entstanden schon früh Widersprüche, die mich bei meiner Identitätsbildung vor Probleme stellten. Einerseits wurde ich nie direkt dazu gezwungen, Russisch zu sprechen, denn meine Eltern hielten es für wichtiger, dass mein Bruder und ich gut Deutsch sprachen. Andererseits spürte ich in Teilen meiner Familie eine unterschwellige Erwartungshaltung in Bezug auf unsere Sprachkenntnisse. Als er noch klein war, dachte mein Bruder, unser Großonkel hieße „A-po-russki“, weil dieser immer nach einer russischen Übersetzung fragte, wenn mein Bruder auf Deutsch mit ihm redete. Wie oft musste auch ich mir von Verwandten schon die Frage anhören: „Verstehst du überhaupt noch Russisch?“ Der vorwurfsvolle, manchmal spöttische Ton, in dem sie diese Frage stellen, löst bei mir meist eine Defensivreaktion aus. „Ja, natürlich“, sage ich dann brav – und in mir kommt dieses Gefühl auf, als würde mir eigentlich etwas fehlen.

 

Ich verstehe sie einigermaßen, ja, aber ich fühle mich der russischen Sprache nicht mächtig, und lange Zeit habe ich mich dafür geschämt. Aus diesem Gefühl der Scham und der Unvollkommenheit heraus habe ich mich stetig darum bemüht, meine Russischkenntnisse zu verbessern. Dazu besuchte ich zum Beispiel mehrere Russisch-Kurse an der Volkshochschule, worüber meine Oma sich sehr freute. In diesen Kursen saß ich dann als einzige junge Person zwischen Ü60-Jährigen mit DDR-Geschichte, und wir lernten neben den russischen Aspekten, die ich teilweise bis heute nicht verstehe, auch etwas über die Geschichte Moskaus und über berühmte russische Dichter. Einmal brachte die Lehrerin sogar einen Samowar mit.

 

Es machte mir zwar Spaß, Russisch zu lernen, denn ich verband so viel Positives mit dieser Sprache und tue es auch immer noch. Wie ein warmes Echo klingen die Worte in mir wider, wenn meine Mutter mich Dotcha[2] nennt, oder wenn meine Oma von den Blumen in ihrem Schrebergarten schwärmt. Gleichzeitig widerstrebte es mir aber auch immer, wenn ich aufgrund der Muttersprache meiner Eltern in eine Schublade gesteckt und mit allem Russischen in Verbindung gebracht wurde.

 

Mit dem vollumfänglichen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 hat sich dieser innere Zwiespalt weiter vergrößert. Unter dem Vorwand, die russischsprachige Bevölkerung vor angeblichen Faschisten schützen zu wollen, ließ Putin seine Truppen in die Ukraine einmarschieren, welche bis heute brutalste Kriegsverbrechen an den Menschen dort begehen. Diese Situation stellt mich in noch akuterer Weise vor die Frage: Welche Rolle spielt die russische Sprache in meinem Leben, und wie möchte ich mit ihr umgehen? Gehört die russische Sprache zu mir, gehört sie zu uns Russlanddeutschen?

 

Es fühlt sich fast so an, als würde ich mich mit diesem Thema auf dünnes Eis begeben. Denn auch unter vielen (Spät-)Aussiedlern scheint mir die russische Sprache unantastbar oder gar heilig zu sein. Ob aus Nostalgie, Abgrenzungsbedürfnis oder Zusammengehörigkeitsgefühl – die russische Sprache nimmt immer noch einen wichtigen Platz in vielen russlanddeutschen Kreisen ein. Selbst in Familien wie meiner, in der die Geschichte und vor allem die Sowjetisierung und Unterdrückung der Vorfahren kritisch aufgearbeitet wird, hält sich die Vorstellung einer besonders reichen, zivilisatorisch übergeordneten Sprache aufrecht. Sie hat sich scheinbar so tief in die Köpfe der Menschen gebohrt, dass selbst Unterdrückte zu Unterdrückenden werden können, indem sie diese Ideologie weitertragen und anderen aufdrängen.

 

Mein Vater klärte mich schon früh über das kulturelle und geopolitische Konzept des Russkij mir auf, das auch Putins Großmachtfantasien zugrunde liegt. Dahinter steckt die Idee einer russischen Welt, die ihre Macht und ihren Einfluss vor allem aus der sogenannten soft power, also aus der Verbreitung von Sprache und Kultur speist, und die somit über die Staatsgrenzen der Russischen Föderation hinaus reichen soll. Wenig überraschend erscheint vor diesem Hintergrund die eifrig verfolgte Diasporapolitik Putins, insbesondere in Deutschland, wo die größte Zahl von Russisch-Muttersprachlern außerhalb der ehemaligen Sowjetunion lebt, und wo Russisch nach Deutsch die am zweithäufigsten gesprochene Sprache darstellt. Beispiele wie der Fall Lisa im Jahr 2016 zeigen, wie sehr die russische Regierung aus der Ferne versucht, Einfluss auf unsere Gesellschaft zu nehmen – und wie sie dabei die Sprache instrumentalisiert. Damals befeuerten russische Staatsmedien Gerüchte um eine angebliche Vergewaltigung eines russlanddeutschen Mädchens durch Geflüchtete und brachten so große Mengen von Russlanddeutschen auf die Straßen der Bundesrepublik. Lawrow, der russische Außenminister, bezeichnete das Mädchen sogar als „nascha Lisa“ („unsere Lisa“) und machte somit keinen Hehl aus dem russischen Anspruch, die Schutzmacht aller russischsprachiger Menschen auf der Welt zu sein.

 

 

Trotz solcher offensichtlicher Manipulationsversuche gab es lange Zeit keinen wahrnehmbaren kritischen Diskurs über die Dominanz der russischen Sprache und die damit einhergehenden politischen und ideologischen Auswirkungen in der postsowjetischen Diaspora. Angesichts des von Russland entfachten Krieges treten diese Problematiken jedoch immer weiter an die Oberfläche, und Stimmen, die auf die tiefliegenden imperialistischen Wurzeln dieser Aggression aufmerksam machen, werden immer lauter.

 

In Zeiten, in denen viele Ukrainer Zuflucht in Deutschland finden und dabei unter anderem auf die hiesige russischsprachige Bevölkerung treffen, stellt sich zudem zwangsläufig die Frage: Wie definieren wir die russische Sprache im Kontext unseres Aufeinandertreffens, und welche Bedeutung messen wir ihr bei? Bringt die russische Sprache uns zusammen, weil wir uns so besser verständigen können, oder stützen wir durch diese Sichtweise den Russkij mir und spielen Putin damit in die Karten?

 

Wenn ich auf ukrainische Geflüchtete treffe, finde ich mich häufig in diesem Gewissenskonflikt wieder. Soll ich erwähnen, dass ich etwas Russisch verstehe, um so gegebenenfalls die Sprachbarriere zu überwinden und eine Vertrauensbasis zu schaffen, oder wird mein Gegenüber dies womöglich als Beleidigung oder gar als Angriff werten? Für viele Ukrainer ist die russische Sprache zur Sprache des Feindes und des Terrors geworden, weswegen sich immer mehr von ihnen darum bemühen, vollständig ins Ukrainische überzugehen. Dabei geht es nicht nur um die klare Abgrenzung vom Unterdrücker und Aggressor in Zeiten des Krieges, sondern auch um Selbstbestimmung und die Entfaltung der eigenen nationalen und kulturellen Identität, ungestört von Einfluss- und Unterwerfungsversuchen aus der Richtung Moskaus. In einem Artikel der ukrainischen Autorin und Forscherin Sasha Dovzhyk über ihren Übergang vom Russischen ins Ukrainische stieß ich auf folgenden Satz: „Russian is my mother tongue and liberation means ripping it out of my throat.“[3] – „Russisch ist meine Muttersprache und Befreiung bedeutet, sie mir aus der Kehle zu reißen“. Schon öfter las ich von Ukrainern, aber auch von Menschen aus Ländern wie Belarus und Kasachstan, sie wünschten sich, diese Sprache nicht zu verstehen. Sie nie gelernt zu haben. Sie einfach vergessen zu können. Denn auch hier offenbart sich eine innere Zerrissenheit zwischen dem Streben nach Freiheit und einer Loslösung vom Russkij mir einerseits und der sprachlichen Realität andererseits. Für die meisten Menschen ist es schier unmöglich, ihre Muttersprache aus ihrem Leben zu verstoßen, denn sie hat sich bis in die Tiefen ihres Seins durchgedrungen. Als meine Mutter mir vor kurzem begeistert von einer russischen Sängerin erzählte, deren Musik es ihr angetan hatte, sagte sie kurz später ernüchtert: „Manchmal hasse ich dieses Russische in mir.“ Als würde sie nur widerwillig Anklang in dieser Sprache finden, doch sie tut es.

 

Den damit verbundenen Schmerz kann ich mir nur ansatzweise vorstellen, denn mein eigener Schmerz lag immer darin, Russisch nicht zu beherrschen. Was sich jedoch hinter alledem verbirgt, ist unser aller Bedürfnis, uns selbst zu gehören und uns selbst zu bestimmen, und nicht Teil eines großen, auf Gewalt und Repression aufgebauten Systems zu sein, in dem uns andere diktieren, wer wir zu sein und welche Sprache wir zu sprechen haben. In dem „Ingenieure“ versuchen, unsere „Seelen“ durch die Kontrolle unserer Münder und unserer Köpfe gefügig zu machen. Deshalb hoffe ich auf eine Zukunft, in der Menschen sich frei und selbstbestimmt in der Sprache ihrer Wahl ausdrücken können. Und in der sich niemand für sein schlechtes Russisch schämen muss.

 
[1] Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Essay das generische Maskulinum verwendet. Die in diesem Essay verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
[2] russ. für Tochter
[3] https://newlinesmag.com/first-person/mother-tongue-the-story-of-a-ukrainian-language-convert/

Was bleibt einem auch übrig, außer Durchhalten

Was bleibt einem auch übrig, außer Durchhalten.

In Zeiten wachsender negativer Stimmen zu Zuwanderung und Flucht, sind positive Stimmen der gelungenen Integration rar. Verständlich, wenn es für die haupt- oder ehrenamtliche Arbeit vor Ort vorne und hinten nicht reicht. Woher die Zeit nehmen davon zu berichten. Dieser Text möchte exemplarisch einen positiven Blick auf die ehrenamtliche Arbeit im Rahmen der Flüchtlingshilfe für Menschen aus der Ukraine richten und gleichzeitig auf die bestehenden Ungerechtigkeiten und Grenzen aufmerksam machen.

Ganz beseelt kam ich aus der Frühjahrsakademie der Deutschen Gesellschaft e.V. und der Akademie am Tönsberg zum Thema „Junge Russlanddeutsche und der Ukrainekrieg“ im April 2023 heim. Im Gepäck die Idee über meine persönlichen Erfahrungen der ehrenamtlichen Arbeit in der Flüchtlingshilfe vor Ort zu berichten und gleichzeitig einen Bogen zu spannen, rüber zum eigenen Ankommen in Deutschland vor 30 Jahren. Voller Elan wollte ich über meinen Einstieg in dieses Ehrenamt berichten. Wie mich diese Arbeit meiner Muttersprache Russisch wieder näher brachte und wie ich die noch nach über 30 Jahren tiefsitzende Scham und Zurückhaltung ein Stückchen mehr abstreifen konnte. Wie sehr ich den Mut, die Willensstärke und Ausdauer meiner Eltern stärker begreifen konnte, die mit 2 Kindern und 2 Holzkisten vollgestopft mit eigens dafür neu angeschafften Haushaltsgegenständen und ohne Deutschkenntnisse 1991 aus Kasachstan in die für sie fremde Heimat der Vorfahren ausreisten. Welche Parallelen ich in der Ankunft der ukrainischen Menschen in Deutschland und unserer eigenen sah.

Wenn ich das alles hier kurz anreiße, kribbeln mir wieder die Finger, um endlich anzufangen. Nur leider hindert mich eklatant wichtiges daran: ZEIT! Und die ständige Not, die ich mit ihr habe.

Zeit mir über die richtigen Worte Gedanken zu machen und diese auch niederzuschreiben. Denn wie viele andere auch, muss ich meine Zeit gut einteilen. Lohnarbeit, Familie, meine lokalen Ehrenämter und Engagements und seit März 2022 meine Tätigkeit für ukrainische Familien. Mittlerweile sind es 8 Familien, von alleinstehend, kriegsbedingt alleinerziehend bis 5 köpfige Familie begleite ich diese Menschen in Alltagsfragen und helfe dabei vor allem in bürokratischen Dingen. Die Fragen dieser Menschen und meine Tätigkeit verändert sich seitdem stetig. Heute gilt es nicht das Ankommen der Ukrainer (Einwohnermeldeamt, Ausländerbehörde, Sozialamt/Jobcenter, Kita/Schule) zu organisieren und mitzubegleiten. Viel mehr sind es alltägliche Fragen und Situationen, die für jede Familie, ja jeden einzelnen dieser Menschen, höchst individuell sind und die Lösungen komplex und nicht selten zeitraubend macht.
Und auch hier fehlt mir im Alltag die Zeit für meine Ukrainer. Ständig muss ich alles und jeden in meine ohnehin schon vollen Tage und Wochen unterbringen. Gerne würde ich öfter einfach länger zum Tee bleiben, damit wir nicht nur den Behördenkram klären und abarbeiten können, sondern auch alltägliche Themen Raum hätten. Einfach über die verflixte deutsche Grammatik kopfrauchen, die im deutschen Alltag kaum einen interessiert. Begrifflichkeiten, Zweideutigkeiten und Witze verstehen, darüber lachen oder einfach vom heutigen Alltag berichten. Zeit zum Zuhören, wenn die Menschen über den andauernden Krieg im eigenen Land, die täglichen Katastrophennachrichten, die Sorge um Familie und Freunde in der Ukraine und überhaupt, die Sinnhaftigkeit von allem reden möchten. Alles im Hasengalopp. Und nie wirklich voll da, weil schon der nächste Termin drückt oder die nächste Aufgabe zu stemmen ist.

 

Ein Geschenk von der 6jährigen Dasha, die im Februar 2022 aus Kyiv mit ihrer Mutter, Oma und Tante geflohen ist. Ein sehr treffendes Portrait von mir, sicher entstanden bei einem meiner unzähligen Besuche.

 

Warum ich trotz andauernder Zeitnot weiter helfe? Weil ich genau weiß, wie es sich anfühlt in den ersten Tagen, Monaten und auch Jahren fremd und verloren zu sein. Wie man sich allein durchwurschtelt. Sich permanent Hilfe suchen muss, damit man ein Sprachrohr schriftlich und mündlich besitzt. Eine Aufgabenbewältigung auf wackeligen Füßen, immer mit der Angst im Nacken etwas falsch zu machen, sich nicht genug angestrengt zu haben oder sogar negativ aufzufallen.

Meine Entscheidung flüchtenden Menschen aus der Ukraine zu helfen habe ich bewusst getroffen. Schließlich habe ich mich in 30 Jahren erfolgreich in Deutschland integriert oder besser gesagt vorbildlich assimiliert. Auch mit meinen mittlerweile dürftigen und bewusst verdrängten russischen Sprachkenntnissen könnte ich den Menschen beim Ankommen helfen, so mein damaliger Gedanke. Diese Einschätzung war richtig und hat sich bis heute nicht geändert. Außer mein Russisch, das kommt mir nun einfacher über die Lippen.

Was mir bei meinen Begegnungen als Mittlerin für die ukrainischen Menschen auffällt ist, wie hilfsbereit und freundlich man uns in Behörden und anderen Institutionen begegnet, wenn ich dabei bin oder die Kommunikation im Auftrag der Menschen übernehme. Das ist für mich persönlich nicht sonderlich überraschend, arbeite ich ja selbst auf dem „Amt“ und kenne die Strukturen und Menschen dahinter. Ich merke aber welch enormen Einfluss die Verständigung in deutscher Sprache und das Wissen um die „deutschen“ Umgangsformen auf die jeweilige Situationen haben. Meistens negative, wenn die Menschen die erwarteten Vorstellungen nicht oder nur spärlich erfüllen. Die Sprachlosigkeit und Verlorenheit werden den in Deutschland fremden Menschen vorgehalten, anstatt diesen behilflich zu sein. Termine und Vorsprachen werden sofort verwehrt oder zumindest erschwert, wenn man nicht wie selbstverständlich eine eigene Übersetzer*in mitbringt. Die Kommunikation im komplizierten Ämterdeutsch und die Formularlawine, die auf die Menschen einprasselt, verunsichert die auf Hilfe angewiesenen Menschen auf der einen Seite und entrüstet die Sachbearbeitenden auf der anderen. In einem Land, in dem das Wort „Amt“ oder „Antrag“ Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte im gleichen Maße zusammenzucken lässt, hat man hauptsächlich Unverständnis oder Genervtheit übrig für die vermeintlichen „Fehltritte“ der ausländischen Menschen.

 

Heutige Aufgabe im Dämmerlicht: Die Rekonstruktion der Zeit in Deutschland in Bescheidform. Ansonsten bei jedem Treffen: Dokumente sichten, Briefinhalte erklären, Antworten verfassen, Termine anfragen oder unter unsicheren Blicken Briefe einfach aussortieren.

 

Dieses Bürokratiekarussel ist für die Betroffenen, neben vielleicht teilweise örtlich geschaffenen Strukturen und engagierten Sachbearbeitenden, hauptsächlich fast nur durch massiven Einsatz und das Engagement von Ehrenamtlern zu bezwingen. Dies ist nur leider keine Selbstverständlichkeit und örtlich höchst individuell. Wer soll denn da durchblicken? Das schaffen sogar gestandene Hiesige nicht.

Im selben Atemzug wird das Zauberwort gezückt „INTEGRATION“! In Deutschland eher verstanden als Assimilation, wenn man die immerwährende und vor allem aktuell unerträgliche Diskussion verfolgt. Denn so vermeintlich einfach das für manch einen Nichtbetroffenen klingt, ist es für die ausländischen Menschen mit harter Arbeit verbunden. Teils monatelanges Warten auf einen Sprachkurs, der dann im Schweinsgalopp durchgepaukt und hoffentlich nicht nur mit einem Qualifizierungszertifikat bestanden wird, sondern die Menschen auch tatsächlich zum alltäglichen Sprachgebrauch befähigt. Das Überwinden der Sprachlosigkeit wiederum ermöglicht endlich die Aufnahme einer Beschäftigung. Einer Beschäftigung, der man in seinem Heimatland bis zuletzt nachging und über entsprechende Qualifikationen verfügt kann man aber erst nachgehen, wenn das formale und langwierige Verfahren zur Anerkennung der ukrainischen Abschlüsse positiv entschieden wird. Dann bleibt weiterhin zu hoffen, dass man im erlernten Beruf in Deutschland Fuß fassen kann. Hilfestellung ist dabei im Übrigen genauso eklatant wichtig. Woher sollen die Menschen im Detail wissen, welche formalen Hürden das Bewerbungsverfahren in Deutschland zum Teil für einen bereit hält. Das ist sogar für viele Deutsche ein Kraftakt. Bis dahin werden durch das hiesige Jobcenter bestenfalls berufsnahe Stellen vermittelt. Den schnelleren Erfolg hat man jedoch im Mindestlohnsektor oder bei Zeitarbeitsfirmen. Auch hierüber sind die Menschen froh. Endlich einer Beschäftigung nachgehen. Nicht mehr diese ewige Warterei ertragen. Der Arbeitsalltag, oft mit anderen Migrant*innen, trägt bei diesen Aushilfsjobs allerdings kaum dazu bei, das erlernte Deutsch zu festigen und durch das Sprechen im Alltag zu verbessern. Denn im hektischen Arbeitstag muss das geforderte Pensum abgeliefert werden, da bleibt keine Zeit ordentlichen Satzbau zu betreiben. Da beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz (Diese Redewendung werde ich meinen Ukrainern noch erläutern müssen). Steigen die Menschen schnellstmöglich ins Berufsleben ein, vernachlässigen dabei die deutsche Sprache, weht ihnen der gleiche abwertende Wind entgegen, wie bei der Ausschöpfung aller in Deutschland möglichen Förderquellen zum Erlernen der deutschen Sprache, um damit einen qualifizierteren Einstieg ins deutsche Berufsleben zu erleichtern. Dass sich die Menschen in familiäre und kulturelle Kreise zurückziehen, sollte also eigentlich keinen wundern. Ganz nach dem Motto: „Wenigstens mache ich hier nichts falsch und werde als vollwertiger Mensch behandelt.“

Das alles kenne ich übrigens viel zu gut. Nur habe ich vor 30 Jahren, als damals 10jährige mit massivem Assimilationswillen und tollen mich immer unterstützenden Lehrkräften, diese Erfahrungen nicht oder nur selten gemacht. Ich konnte mein Berufsleben nach dem regulären Abschluss meiner Schullaufbahn als Vorzeige-Russlanddeutsche, ohne Akzent und einem neutralen Namen, starten und bis heute problemlos fortführen. Meine Eltern dagegen, hatten sich damals bewusst für ein Ankommen im deutschen Dorfleben und gegen die Sicherheit von Ballungsgebieten entschieden. Sie hatten es umso schwerer im Berufsleben und im deutschen Alltag anzukommen. Es hat sich seitdem nicht allzuviel geändert. Auch der zum Teil raue Ton, die Verallgemeinerungen und belächelnden bis abschätzigen Blicke auf vermeintliche kulturelle Sonderheiten sind heute weiterhin präsent. Egal wie stark man versucht sich zum tausendsten Mal zu erklären. Der aufgedrückte Stempel bleibt.

Kommen wir zum eigentlichen Kern und zu meinem größten Problem. Die liebe Zeit und das Ehrenamt. Dieses Dilemma betrifft an sich alle, die sich ehrenamtlich engagieren. Es braucht dazu auch keine ehrenamtliche Arbeit, um Zeitnöte zu haben. Unser aller Alltag schafft das auch ganz allein. Allerdings ist das absolute Wesensmerkmal des Ehrenamts das soziale Miteinander zu erhalten, zu fördern und auszubauen. Dafür braucht man Zeit. Zeit für die Arbeit miteinander, Zeit für´s Gespräch: Zeit, Zeit, Zeit! Das vordergründlichste Problem im Bereich der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit und warum es über kurz oder lang dringend einer Verbesserung der Situation für alle bedarf, ist die Tatsache, dass dieses Ehrenamt mehr und mehr die Aufgaben unseres Sozialstaates übernimmt. Dieser Sozialstaat, in Form behördlicher Strukturen, muss das Ankommen dieser Menschen in Deutschland viel intensiver begleiten. Schließlich ist unser aller Ziel die Menschen in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Nur wie ist es in der Realität: Nach der Zuweisung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – kurz BAMF – in die jeweilige Stadt oder Gemeinde, werden die flüchtenden Menschen mit Wohnraum (von Sozialwohnung bis zu Alternativlösungen in zweckentfremdeten Turnhallen) und einem finanziellen Minimum versorgt. Kaum angekommen, fällt umgehend der bürokratische Dinosaurier, in Form einer nicht enden wollenden Papierlawine, über sie her. Wir erinnern uns, das löst auch bei gestandenen Einheimischen panische Fluchtreflexe aus und die sind dabei noch der deutschen Sprache mächtig. In dieser Ausnahmesituation sollen die Menschen im fremden Land also noch den Durchblick bewahren und die Weitsicht besitzen, sich da eigenständig durchzulotsen? Natürlich brauchen die Menschen Hilfe! Denn sogar ich habe zeitweise meine Not im bürokratischen Dickicht durchzublicken. Diese Hilfe aber ist heutzutage stark von den örtlichen und überwiegend ehrenamtlichen Strukturen abhängig. In der einen Gemeinde wird diese wichtige Hilfeleistung durch breite Vereinsinitiativen geleistet, in der benachbarten Kleinstadt kannst du froh sein, wenn die Sachbearbeitenden auf dem Sozialamt auf einen Pool ehrenamtlicher Übersetzer*innen zurückgreifen können. Den sie sich über die Jahre dann auch noch aus der Not heraus selbst organisiert haben, versteht sich. Und hier wieder der berechtigte Einschub, wie stellen wir uns als Gesellschaft die Integration vor und vor allem was tun WIR dafür.

 

Ein Geschenk voller Süßigkeiten aus der Ukraine von Larissa aus Kyiv, bei einem kurzen Besuch im Herbst 2023 bei Tochter und Enkelin, die wegen dem andauernden Krieg in der Ukraine im sicheren Deutschland nicht zurück gekehrt sind.

 

Momentan werden die wichtigen ehrenamtlichen Strukturen, ob in Form von offiziellen Vereinen, lockeren Zusammenschlüssen oder auch privaten Einzelkämpfer*innen, maßlos gefordert. Auf dem Rücken der freiwilligen Helfenden. Aus einem allgemeingesellschaftlichen Interesse für die Gemeinschaft und dem Füreinander, dass eine wichtige Bereicherung der hiesigen Integration und des Zusammenwachsens darstellen sollte, stehen wir vor einem deutschlandweiten Flickenteppich der Basisarbeit. Eine unübersichtliche Ansammlung der Hilfestellungen, die dazu noch stark von den örtlichen Initiativen und finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Kommunen abhängen. Es fehlt ein Fundament, dass länderübergreifend eine stabile und einheitliche Struktur schafft und damit die Arbeit der örtlichen Verwaltungen grundlegend stärkt, damit das Ehrenamt entlastet und letztendlich wertgeschätzt wird. Diese Strukturen würden gleichzeitig allen Menschen in Deutschlang helfen und dazu beitragen, die Scheu vor dem Bürokratiedino abzulegen. Was ich stattdessen sehe, sind sich überschlagende Lobgesänge auf das Ehrenamt, die Auslobung von Wettbewerben und Finanzzuschüssen für Sachausgaben und Ausrichtung von Ehrenamtsfesten. Ja das ist alles sicherlich auch wichtig, auch für die Sichtbarkeit der ehrenamtlichen Leistung und der Menschen dahinter. Für mich ist das allerdings Augenwischerei. Ich bin ein sehr engagierter Mensch und helfe viel und gerne in meinem Ort. Das Miteinander und das gemeinsame Schaffen erfüllen mich. Die Hilfe und Zeit, die ich für die ukrainischen Menschen seit März letzten Jahres aufbringe, nährt mein soziales Wohlbefinden. Und auch der Austausch mit Behörden und anderen Institutionen, wie gesagt ich bin als Übersetzerin gern gesehene Gästin, beruht auf gegenseitiger Wertschätzung. Nur wie lange ich das noch in dieser Form machen kann, weiß ich nicht. Diese Verantwortung und die Masse an offenen Punkten, die auf mir lastet, wohl bemerkt zwischen Erwerbsarbeit und Familienleben, schafft mich. Ich betreue 8 Familien. Sage und schreibe 20 Menschen, die ich im alltäglichen Leben unterstütze.

Diese kostbare Zeit verwende ich, weil eine institutionelle Not herrscht, die Menschen an die Hand zu nehmen und in unserer Gesellschaft willkommen zu heißen. Ich würde mich auch ohne diese Not engagieren, denn ein Zuviel an sozialem Zusammenleben gibt es nicht. Wertschätzung erfahre ich ohnehin direkt von den ukrainischen Menschen und den Sachbearbeitenden vor Ort. Den Ehrenamtlern und mir braucht keiner die Wichtigkeit des Engagements aufzuzeigen. In keiner Laudatio und keinem Festakt. Das dafür aufgewendete Geld und die personellen Ressourcen wären in den Ausbau der Strukturen besser investiert. Zeit und Feierlaune habe ich ohnehin nicht. Diese ist schon für wichtigeres reserviert: Fragen/Emails/Termine.

 

Eine Kleine Freundschaft- die Deutschen Siedlungen in der Demokratischen Republik Aserbaidschan.

Aserbaidschan ist heute vor allem für seine reichen Ölvorkommen bekannt. Angesichts der geopolitischen Lage und des Kriegs in der Ukraine sucht die EU nach Alternativen zum russischen Gas. Dabei rückt die Südkaukasus-Republik als potenzieller Energielieferant in den Fokus.

Doch die Beziehungen zwischen Deutschland und Aserbaidschan sind weit tiefer als zunächst angenommen.

Im 19. Jahrhundert spielten deutsche Kolonien auf dem Gebiet Aserbaidschans eine bedeutende Rolle in der einheimischen Landwirtschaft. Besonders die Produktion von hochwertigem deutschen Wein fand sogar in Sibirien Anklang. Zwischen der unabhängigen demokratischen Republik Aserbaidschan, die von 1918 bis 1920 bestand, und den deutschen Kolonien entwickelte sich eine Beziehung, die als „kleine Freundschaft“ bezeichnet werden kann. In dieser Zeit pflegten beide Seiten gute und respektvolle Beziehungen.

Dieser Essay bietet einen kurzen Überblick über die Geschichte der deutschen Kolonien in Aserbaidschan bis zum Zusammenbruch der Demokratischen Republik Aserbaidschan und verdeutlicht die historische Verbundenheit beider Länder sowie deren mögliche Bedeutung für die heutige Energiepartnerschaft.

Die Aserbaidschanische Demokratische Republik (1918-1920) war eine kurze Periode in der aserbaidschanischen Geschichtsschreibung, welche aber wichtige Meilensteine legte. Es wurden sehr bedeutende Schritte in Richtung Demokratie gemacht. So wurde am 21. Juli 1919 das Wahlrecht eingeführt, bei welchem Mann und Frau gleichgestellt waren. Ein Recht, von welchem die Frauen der meisten westlichen Länder zu dieser Zeit nur träumen konnten. Als Fundament für das Gesetz der Staatsbürgerschaft vom 11. August 1919 wurde das Prinzip der Abstammung gewählt. Die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft, stand den Personen und deren Kindern zu, welche auf dem Territorium Aserbaidschans geboren waren. Dabei spielte die ethnische Zugehörigkeit oder Religion keine Rolle. Mitten in diesem dynamischen Wandel: Die deutschen Kolonien.

 

Wenn wir an die Russlanddeutschen denken, ist Aserbaidschan nicht das erste Land, was einem in den Sinn kommt. Tatsächlich beherbergte Aserbaidschan insgesamt acht deutsche Kolonien von denen die zwei Kolonien Helenendorf und Ahnenfeld die größten waren und auch als Muttersiedlungen bezeichnet wurden.

 

Die Vorgeschichte

 

Im Jahr 1763 unterzeichnete Zarin Katharina II., die auch als „die Große“ bekannt ist, das „Einladungsmanifest“. Dieses Manifest lud Ausländer, insbesondere Deutsche, dazu ein, sich in Russland niederzulassen und ein neues Leben zu beginnen. Die ausländischen Neuankömmlinge wurden mit verschiedenen Vorteilen bedacht, darunter die Zusage von Land, das sowohl für ihre eigene Nutzung als auch für kommende Generationen bestimmt war. Darüber hinaus wurden Steuervergünstigungen gewährt, die bis zu 30 Jahre dauern konnten, wenn sie sich dazu entschlossen, auf dem Land zu bleiben. Sie waren zudem von der Wehrpflicht befreit und genossen Autonomie, was bedeutete, dass die russische Verwaltung sich nicht in ihre inneren Angelegenheiten einmischen durfte. Eine der wichtigsten Motivationen für die Auswanderung war zweifellos die von Katharina versprochene Religionsfreiheit. Die ersten deutschen Siedler im Kaukasus stammten aus dem heutigen Baden-Württemberg. Besonders zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Zeiten äußerst schwierig. Die Napoleonischen Kriege hatten der Region, insbesondere Baden, stark zugesetzt. Eine Hungersnot im Jahr 1816 führte zu gestiegenen Steuern und erhöhter Armut. Diese Ereignisse destabilisierten auch die lutherische Kirche und führten zu verschiedenen religiösen Abspaltungen innerhalb des Protestantismus.

 

Diese Gruppen stützten sich auf die Offenbarung des Johannes und riefen dazu auf, Zuflucht vor der drohenden Apokalypse im Osten zu suchen. Die Anhänger des Separatismus, bekannt als Stundisten, waren größtenteils Bauern oder Handwerker, und damit eine recht große Volksgruppe. Die württembergischen Herrscher versuchten, die Ausbreitung des Separatismus einzudämmen, indem sie beispielsweise neue Liturgien in den Kirchen einführten. Die Separatisten weigerten sich jedoch, diese Veränderungen zu akzeptieren, was zu weiteren Repressionen an den Separatisten führte.

Viele entschieden sich aufgrund der Verfolgung dazu, auszuwandern, wobei die meisten von ihnen in die Neue Welt gingen. Diejenigen, die in der Region blieben, waren weiterhin Verfolgung und Strafen ausgesetzt, bis einige beschlossen nach Osten auszuwandern und zwar in die Nähe der „Wiege der Menschheit.“ Gemeint: Der Berg Ararat, wo die Arche Noahs aus den biblischen Erzählungen nach der Sintflut strandete, und von wo aus laut der Bibel die Menschheit die Erde wiederbesiedelte.

 

Die separatistische Gemeinde wandte sich während des Besuchs von Zar Alexander I. in Stuttgart an ihn und bat um die Erlaubnis, sich im Kaukasus niederzulassen. Zar Alexander I. gab sein Einverständnis dazu. Tatsächlich waren die Gebiete im Südkaukasus zu der Zeit, noch nicht Teil des Russischen Reiches. Die Khanate, welche sich auf dem heutigen Territorium Aserbaidschans befanden, waren formal unabhängige Gebiete, obwohl sie sich innerhalb des Machtbereichs Persiens befanden. Diese Khanate waren autonome Fürstentümer, die von Khans regiert wurden. Die Region war von Gefahren sowohl aus dem Norden, in Form des Russischen Zarenreiches, als auch aus dem Süden, im Zusammenhang mit dem Persischen Kadjar-Reich, bedroht. Zudem gab es auch Druck vom Osmanischen Reich im Westen. Diese geopolitische Lage hat in gewisser Weise Parallelen zur heutigen Situation. So sind die Beziehungen zwischen Iran und Aserbaidschan eine komplizierte Angelegenheit. Aktuell nähern sich die Länder wieder an, jedoch gab es in der Vergangenheit viele Spannungen. So wurde am im Januar 2023 ein Anschlag auf die Aserbaidschanische Botschaft in Teheran verübt, wobei ein Mitarbeiter der Botschaft verstarb. Außerdem ist dem Iranischen Regime die Beziehung Aserbaidschans zu Israel zuwider, denn der Jüdischer Staat, welche auf offizieller ebene als „kleiner Satan“ bezeichnet wird ,ist der Erzfeind in der Region. Erwähnenswert ist auch ein signifikanter Anteil an Aserbaidschaner in der Iranischen Bevölkerung.15 Millionen sollen es laut offiziellen Iranischen Angaben sein. Auch wenn es keine signifikanten separatistischen Bewegungen gibt und die Meisten sich als Iraner sehen, so hat ein so hoher Anteil einer Minderheit Destabilisierungspotenzial. Auch Russland ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

 

Präsident Aliyev der ältere sowie der jüngere pflegen traditionell gute Beziehungen zu Moskau. Doch da Aserbaidschan ein kleines Land zwischen Hegemonien ist, agiert es manchmal kompromissvoll gegenüber seinen größeren Nachbarn, selbst wenn dies nicht im eigenem Interessen ist. So war der zweite Krieg um Berg-Karabach, keine große Herausforderung für Aserbaidschans Truppen. Mit israelischen und türkischen Militärtechnik  ausgerüstet, wären sie durchaus in der Lage gewesen das gesamte Territorium des besetzten Gebiets von Bergkarabach wieder zurückzuerobern. Wer dies auf 2023 verschob war ganz klar Russland. Welches auch  mit seiner Peacekeeper Mission als Garant für die Stabilität ,zum Wohle Armeniens auftrat. Aserbaidschan ging dies nach, um die guten Beziehungen zu Russland zu erhalten, was sich im Nachhinein als cleverer Schachzug herausstellte, denn 2023, stellten sich die Peacekeeper indirekt auf die Seite Aserbaidschan in dem sie die aserbaidschanische Armee gewähren ließen.

 

In der Vergangenheit haben einige Khanate im Südkaukasus, darunter das Karabach Khanat und das Talysh Khanat, beschlossen, sich auf die Seite Russlands zu stellen, um sich vor der andauernden Gefahr der Annexion aus Persien zu schützen. Sie nahmen das Protektorat Russlands an, in der Hoffnung, ihre Souveränität unter der Oberhoheit des Zarenreichs zu bewahren. Was sich für diese als Fehlkalkulation herausstellte.

Im Jahr 1813 wurde durch den „Frieden von Gülüstan“ fast das gesamte Gebiet des heutigen Aserbaidschan vom Russischen Reich einverleibt. Einige Jahre später, 1828, verlor Persien erneut im Krieg, und das Gebiet des Russischen Reiches umfasste nun auch die Khanate von Jerewan und Nachitschewan, die ebenfalls an Russland gingen. Mit dem Frieden von Turkmantchai wurde die endgültige Eingliederung der Kaukasus-Region in das russische Territorium abgeschlossen.

 

In den neu erworbenen Gebieten des Kaukasus fehlte es, an loyalen Einwohner gegenüber den Zaren. Die Zaren waren misstrauisch gegenüber der einheimischen muslimischen Bevölkerung. Obwohl sie formell Bürger des Russischen Reiches wurden, waren Muslime deutlich im Nachteil. Es gab beispielsweise weniger Schulen für die  muslimische Bevölkerung, was zu einer niedrigen Alphabetisierungsrate bei den Aserbaidschanern im Vergleich zu Georgiern und Armeniern führte. Ein weiterer wichtiger Faktor war die Siedlungspolitik in der Region.

Tatsächlich versuchte das Russische Reich, Russen, Armenier und auch Deutsche in den Gebieten des heutigen Aserbaidschan anzusiedeln. Dies führte zu erheblichen Spannungen und Konflikten zwischen den armenischen und aserbaidschanischen Gemeinschaften in der Region. Diese Ereignisse wurden auch von Diplomat und Schriftsteller Aleksandr Gribojedow kritisiert. Gribojedov spielte eine Rolle bei der Ausarbeitung des Friedens von Turkmantchai, 1928.

 

„Die Armenier sind größtenteils auf den Ländereien der muslimischen Landbesitzer angesiedelt. Im Sommer konnte man dies noch tolerieren. Die Gastgeber, Muslime, befanden sich größtenteils auf Wanderungen und hatten wenig Kontakt mit fremden Einwanderern. […]

Alles dies wurde seinerzeit verpasst. Es ist zu spät, den Fehler nach all den Jahren zu korrigieren. Die Siedler selbst leben in beengten Verhältnissen und bedrängen die Muslime. […]

A.S Gribojedow

(Quelle : 91828, A .S Gribojedov Sočinenija v dvuch tomach S 339 – 341.)

 

Das Ziel des Russischen Reiches war es seine Peripherie zu sichern und loyale oder konfessionsübereinstimmenden Gemeinschaften im Grenzland anzusiedeln. Im Jahr 1763 wurde das „Amt für die Vormundschaft von ausländischen Siedlern“ ins Leben gerufen, um die Region am Schwarzen Meer, die während der Regierungszeit von Katharina der Großen erobert wurde, mit deutschen Kolonien zu besiedeln. Dieses Konzept wurde später auch im Kaukasus angewandt.

 

Im Jahr 1816 schlug Generalleutnant Aleksey Ermolov, der in der Kaukasischen Armee tätig war, vor, deutsche Kolonien im Kaukasus anzusiedeln. Der Siedlungsprozess begann kurz darauf im Jahr 1818. Die Dauer der Umsiedlung wurde dadurch beeinflusst, dass die deutschen Siedler in größeren Gruppen unterwegs waren, und falls jemand in der Gruppe erkrankte, Pausen eingelegt wurden. Die erste Gruppe von etwa 40 Familien aus Schweikheim in Baden-Württemberg brach auf, und im September 1817 erreichte die erste Gruppe mit etwa 31 Familien den Kaukasus, zunächst in Georgien. Hier wurde auch die erste deutsche Kolonie im Südkaukasus, Marienfeld genannt, etwa 37 Km von Tiflis entfernt, gegründet.

 

Die Reise in den Kaukasus konnte sowohl auf dem Landweg als auch auf dem Seeweg erfolgen. Der Seeweg war jedoch wesentlich anstrengender, und das heiße Klima begünstigte Krankheiten, wodurch auf dem Seeweg über 1000 Siedler starben. Einige Siedler entschieden sich, auf dem Weg niederzulassen, anstatt den Kaukasus zu erreichen. So siedelten sich 300 Familien, die ursprünglich den Kaukasus als Ziel gesetzt hatten ,, in der Nähe von Odessa an und gründeten die Kolonie Hoffnungstal. Die fruchtbare Schwarzerde der Ukraine unterstützte Ackerbau, Weinbau und Viehzucht. Handwerksbetriebe wie Schmiede und Tischler entstanden. Gerade durch die Schwarzerde wegen welcher die Ukraine als die Kornkammer der Sowjetunion bekannt war ,war die Kolonie sehr ertragreich.

Im Frühling folgten dem Ruf des Kaukasus über 500 Familien, die sich aus Sicherheitsgründen in 10 Gruppen aufteilten, jeweils mit 50 Familien. Zudem erhielten die Familien Geld aus der zaristischen Staatskasse für Karren.

Die Familien trafen im Herbst 1818 ein, mussten jedoch den Winter abwarten, bevor ihnen Land zugewiesen wurde. Jede Familie erhielt schließlich 35 Desjatin (etwa 382,39 Meter). Die ersten Kolonien in Georgien wurden gegründet, darunter Marienfeld, Neu Tiflis, Aleksanderdorf, Elisabethtal, Ekateriennefeld und Petersdorf. Da die vom Staat zur Verfügung gestellten Landstücke nicht ausreichten, wurden die übrigen Siedler im Uezd Elisavetopol (Ganja) zwangsumgesiedelt. Dies markierte den Beginn der ersten deutschen Kolonien in Aserbaidschan.

 

Die Kolonien Aserbaidschans

 

Im Jahr 1819 entstanden Helenendorf und Ahnenfeld. Insgesamt wurden etwa 127 Familien (ca. 600 Personen) in Helenendorf und 67 Familien in Ahnenfeld (ca. 300 – 400 Personen) angesiedelt. Diese insgesamt 194 Familien erwiesen sich als die widerstandsfähigsten und überwandten große Entfernungen auf dem Weg in die neuen deutschen Kolonien.

 

Die Umsiedlung der Deutschen in den Südkaukasus war in der Tat eine der letzten großen Migrationswellen deutscher Einwanderer ins Russische Reich. Nach dieser Phase wurde die Politik des Russischen Reiches gegenüber Einwanderern in gewisser Hinsicht siedlungsfeindlicher. Die Bedingungen und Anreize für weitere Einwanderung und Umsiedlung änderten sich, und es wurden immer mehr Einschränkungen und Restriktionen eingeführt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Entwicklung der Kolonien in Aserbaidschan Zeit und Anpassung erforderte. Die ersten Jahre auf dem Territorium Aserbaidschans waren zweifellos kein Wunschkonzert. Die Siedler mussten sich zunächst unter anderem, an das Klima gewöhnen.

Insgesamt wurden der Kolonie Helenendorf 5906 Desjatin (etwa 64 Quadratkilometer) und der Kolonie Ahnenfeld 3568 Desjatin (etwa 39 Quadratkilometer) zugewiesen. 1854 – 1857 wurde dort die erste evangelisch-lutherische Kirche im Land errichtet. Die Regierung leistete auch eine Art Starthilfe, indem sie in der Kolonie Helenendorf 89 neue Häuser für die Siedler errichtete, und die Kolonisten mussten wie versprochen in den ersten 10 Jahren keine Steuern zahlen.

 

Eine der Herausforderungen war, dass viele Siedler aufgrund des Klimas schnell krank wurden. Ein tragisches Ereignis war der Russisch-Persische Krieg von 1826 – 1828, bei dem viele Siedler ums Leben kamen. Große Teile der Kolonien wurden während dieser Zeit zerstört, und die Siedler fanden vorübergehend in den georgischen Kolonien Schutz. Die Kolonien erhielten weiterhin finanzielle Unterstützung, aber eine neue Tragödie traf Helenendorf im Jahr 1929, als dort die Pest ausbrach.

Die Kolonie Ahnenfeld hatte es noch schwerer. Von den 426 Siedlern überlebten nach dem Krieg und der Epidemie nur 160. Die klimatischen Bedingungen in Ahnenfeld waren schlechter als in Helenendorf, und das Schicksal der Kolonie war eine Zeit lang ungewiss. Am Ende wurde sie um etwa 8 Kilometer weiter verlegt. Die Komplikationen führten jedoch dazu, dass Ahnenfeld bis zum Ende unterentwickelter war als Helenendorf.

 

In den ersten Jahren lag der Fokus der Kolonien weniger auf dem Verkauf eigener Produkte, sondern vielmehr auf der Selbstversorgung. Die russischen Behörden versuchten jedoch, die Wirtschaft der Kolonien anzukurbeln. Es wurden Versuche unternommen, die Seidenproduktion und den Reisanbau zu fördern. Fünf Jungen aus der Kolonie wurden nach Sheki geschickt, um die Seidenproduktion zu erlernen, und viele der Kolonisten waren danach in der Lage, Seide herzustellen. Allerdings blieb dieses Unterfangen kommerziell wenig erfolgreich. Es ist erwähnenswert, dass die deutschen Siedler in den Kolonien vor dem Handel nur wenig bis gar keinen Austausch mit der aserbaidschanischen Bevölkerung hatten, da es nur wenige Dinge gab, die sie von den Einheimischen übernahmen. Die Siedler waren in erster Linie in der Landwirtschaft tätig und bauten Getreide an, hielten Vieh und betrieben Landwirtschaft.

 

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich die wirtschaftliche Lage. 1859 wurde die erste Erdölraffinerie errichtet, was zu einer Verbesserung der Wirtschaft in der Region führte. Die Landwirtschaft entwickelte sich weiter, eine Eisenbahnstrecke wurde gebaut, und der Weinbau, den die deutschen Siedler bereits in ihrer Heimat in Baden-Württemberg praktizierten, erwies sich als die Hauptaktivität der deutschen Siedler. Der Wein, der eine ausgezeichnete Qualität hatte, wurde in der Region sehr beliebt. Dies lag unter anderem daran, dass Aserbaidschan eine muslimische Region war, in der der Konsum von Alkohol nicht weit verbreitet war, und es daher kaum Konkurrenz gab. Bedeutende Weinzentren waren Shusha, Agdam, Elisavetopol (Ganja) und die deutschen Kolonien.

 

Aber auch die Landwirtschaft und der Ackerbau entwickelten sich gut. Die landwirtschaftliche Ausrüstung war von überdurchschnittlicher Qualität und wurde aus dem Ausland importiert. Mit dem Beginn des Handels kam es endlich zu einem kulturellen Austausch, und die Siedler übernahmen einige landwirtschaftliche Praktiken von den Aserbaidschanern. Die Anlage von Gemüsegärten wurde ebenfalls gängige Praxis. Fast jeder Siedler züchtete Obst oder Gemüse.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gewann auch die Viehzucht an Bedeutung. Dies war auf den Kauf von Pferden und Kühen von der Firma Forer zurückzuführen. Die Firma Forer errichtete eine Farm zur Fleisch- und Milchproduktion. Ein Spezialist aus der Schweiz wurde eingestellt, um die Qualität der Produktion sicherzustellen. Die Milchprodukte aus den deutschen Kolonien erfreuten sich aufgrund ihrer guten Qualität großer Beliebtheit. Dennoch blieb die Weinproduktion weiterhin die Haupteinnahmequelle von Helenendorf und Ahnenfeld.

 

Grob unterteilt könnten die Kolonien in drei Kategorien eingeteilt werden:

  1. landwirtschaftliche Kolonien
  2. Viehzuchtkolonien
  3. Weinbaukolonien.

 

Der Erfolg des Weinbaus führte zur Industrialisierung in den Betrieben und förderte eine kapitalistische Entwicklung.

Die Weinproduktion in den deutschen Kolonien war so erfolgreich, dass der verfügbare Platz nicht ausreichte, und es bildeten sich sogenannte Tochterkolonien. Im Jahr 1866 erhielt die Kolonie Helenendorf aufgrund einer Vereinbarung zwischen staatlichen Stellen und den örtlichen Gemeinden weiteres Land, aus dem sich die Tochterkolonie Georgsfeld entwickelte. In den folgenden Jahren entstanden weitere Tochterkolonien: Alekseevka (1902), Grünfeld (1905), Eigenfeld (1906), Traubenfeld (1912) und Elisavetinka (1924).

Große Unternehmen im Weinbau waren Forer und Hummel. Diese Unternehmen waren nicht nur die größten in der Kolonie, sondern im gesamten Südkaukasus. Die Weinproduktionen wurden auch nach Sibirien exportiert. Im Jahr 1910 erreichte der Weinexport der Brüder Forer 450.000 Eimer in die inneren Gouvernements, was dem Unternehmen und der russischen Wirtschaft insgesamt zugutekam. Im Jahr 1904 erhielt Christian Forer den Titel „Verdienter Staatsbürger des Russischen Reiches“. Auch die Familie Hummel war bekannt für ihre Kreationen, darunter eine Cognac-Fabrik.

 

Die deutschen Kolonien sollten als landwirtschaftliche Gemeinschaften betrachtet werden. Es gab ein Landgericht, aber im Allgemeinen gab es einen Ältesten, der als „Schulz“ bezeichnet wurde. Der Schulz hatte verschiedene Aufgaben, darunter die Einziehung von Steuern, die Überwachung der Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften, sowie die Aufrechterhaltung der Funktionalität von Geräten. Der Schulz hatte auch die Befugnis, individuelle Siedler zu bestrafen, falls es zu mal zu Krawallen oder zur Nichteinhaltung der Arbeitsregeln kam. Der Schulz wurde alle zwei Jahre gewählt und hatte zwei Assistenten, die als „Beisitzer“ bezeichnet wurden und sich ebenfalls alle zwei Jahre zur Wahl stellten. Der Schulz war jedoch nicht allmächtig, es gab auch eine Art Parlament namens „Landrat.“

 

Während des Ersten Weltkriegs bekamen die deutschen Kolonien in Aserbaidschan die Auswirkungen des Krieges  zwischen den Mittelmächten (darunter Deutschland) und der Entente (bestehend aus Russland, Frankreich und England) zu spüren. Es wurden Gesetze erlassen, die sich gegen Deutschland und die deutschen Kolonien richteten. Im August 1916 wurde beispielsweise das Unterrichten in deutscher Sprache verboten, mit Ausnahme des Religionsunterrichts und der deutschen Sprache selbst. Bereits im Jahr 1915 wurden Maßnahmen zur Beschränkung des Eigentumsrechts durchgesetzt. Es wurden auch vermehrt Spionagevorwürfe erhoben, was zu einer Reihe von Auswanderungen von Deutschen führte. Die deutschen Kolonien in Aserbaidschan waren auch wiederholt Plünderungen durch die Dashnakzutyun ausgesetzt, einer armenischen radikalen nationalistischen Bewegung. Am 9. Februar 1916 wurden die deutschen klingenden Namen der Kolonien russifiziert, so wurde aus Helenendorf – Eleneno, aus Ahnenfeld – Anneno, aus Eigenfeld – Petrovka, aus Georgsfeld – Georgieyevskoe, aus Grünfeld – Zelenaya Polyana und aus Traubenfeld – Vinogradnoye Pole.

 

Es ist erwähnenswert, dass trotz all dieser Einschränkungen die Bürger der Kolonien während des Ersten Weltkriegs in der russischen Armee gedient haben. Es gibt keine besonderen Aufzeichnungen über Desertationen. Zum Beispiel dienten 187 Siedler aus der Kolonie Helenendorf in der russischen Armee. Die Kolonisten sammelten auch Geld und andere Güter, die dem Roten Kreuz zugutekamen. Diese Faktoren erleichterten das Leben der Kolonisten in dieser Zeit nicht wirklich. Die Historikerin Sudaba Zeynalova nimmt an dass, wenn der Krieg nicht 1918 geendet wäre und es keine Revolution in Russland gegeben hätte, die deutschen schon in den folgenden Jahren möglicherweise nach Sibirien deportiert worden wären.

 

Eine neue Epoche: Die Aserbaidschanische Demokratische Republik

 

In Aserbaidschan wurde die Abdankung des Zaren Im Februar 1917 überwiegend positiv aufgenommen. Im Gegensatz zur provisorischen Regierung, betonten die Bolschewiki die Souveränität der Völker Russlands. Die „Deklaration der Rechte der Völker Russlands“ war eines der ersten veröffentlichten Dokumente der Bolschewiki nach der Machtübernahme.

 

Im Jahr 1911 wurde die Müsavat Partei in Aserbaidschan gegründet, auch bekannt als die Muslimische Demokratische Partei. Sie war eine sozialdemokratische Revolutionspartei mit nationalistischem Hintergrund und setzte sich für die Selbstbestimmung der Azeri-Türken und anderer Völker Russlands ein. Die Partei verfolgte panturkistische Ideen und betonte gleichzeitig Gleichberechtigung und Glaubensfreiheit. Ihre Prinzipien umfassten Turkismus (Blau), Islam (Grün) und Europa (Rot) ,welches als Symbol für Zivilisation und fortschritt stand . Farben, die heute noch in der aserbaidschanischen Flagge zu finden sind. Ursprünglich strebte die Partei eine erhöhte Autonomie innerhalb des Russischen Imperiums an. Die endgültige Unabhängigkeit Aserbaidschans ergab sich jedoch vor allem wegen der Ereignisse am 31. März 1918, dieses Datum wird auch als Genozid an der Aserbaidschanischen Bevölkerung verstanden. Die Bolschewiki taten sich mit der Dashnakzutyun zusammen um die Politische macht der Müsavat zu Schwächen, bzw. gänzlich auszulöschen und richteten ein Gemetzel an der Aserbaidschanischen Zivilbevölkerung an. Die Opferzahlen werden auf ca. 12.000 geschätzt. In Quba wütete der daschnakische Offizier Hamazasp Srwandzjan. Er war bekannt für seine Grausamkeiten, und soll explizit gesagt haben , dass er nicht gekommen sei, um den Bolschewismus auszuweiten, sondern vor habe, als Rache für den armenischen Genozid, die Muslime vom Kaspischen Meer bis zum Sahdag Berg auszurotten.

 

Die Anhänger der Müsavat riefen am 28 Mai 1918 die Unabhängigkeit Aserbaidschans in Tiflis aus. Die Relokation nach Tiflis geschah nach den März-Ereignissen. Die Müsavatisten wurden aus Baku von Bolschewiken und Dashnaken während es oben erwähnten Massakers vertrieben.

Während der Zarenherrschaft und auch der provisorischen Regierung, waren die Bolschwiki und die Müsavat keine verbündeten, aber beide Parteien hatten ähnliche Ansichten im Bezug auf die Selbstbestimmung der Völker. Müsavat und die Bolschewiki waren sich auch in Bezug auf den Ersten Weltkrieg einig. Während Menschewiki und Daschnaken die Position vertraten weiterzukämpfen, wollte die Müsavat den sofortigen Frieden, vor allem mit der für die Aserbaidschaner brüderlichen Türkei.

 

Nach den März-Ereignissen wurde auch der Müsavat klar, dass die Bolschewiki, mit denen man noch am Anfang in gewissen Punkten übereinstimmte, nun als Feinde einzustufen sind. Die Bolschewiki und die Dashnaken besetzten das Territorium Abscherons, wo sich auch die Ölfelder befanden, wo sie die Bakuer Kommune gründeten.

Das Osmanische Reich war der erste Staat, welcher die Unabhängigkeit Aserbaidschans anerkannte. Am 4. Juni 1918 wurde in Batumi zudem ein Friedens- und Freundschaftsvertrag mit dem Osmanischen Reich unterzeichnet.

Der vierte Punkte dessen besagte:

 

Bei Bedarf seitens der Regierung der Republik Aserbaidschan wird die osmanische Regierung mit der notwendigen Streitmacht helfen, um für innere Disziplin und Ordnung zu sorgen.“

(Batum müqaviləsi (1918) Müəllif: Azərbaycan, Türkiyə. Xarici İşlər Nazirliyi arxivi, 560 nömrəli qutu)

 

Die aserbaidschanische Regierung sicherte sich sofortige Unterstützung vom Osmanischen Reich für die Rückeroberung von Baku. Im Mai 1918 wurde Nuri Pasha von der Regierung Enver Pashas mit einer wichtigen Mission betraut: Er sollte sich mit den Truppen des Muslimischen Korps in Ganja zusammenschließen. Das übergeordnete Ziel bestand darin, eine vereinte Kaukasische Islamische Armee zu formieren und die Stadt Baku zu erobern. Die gestellten Aufgaben waren vielfältig, darunter die Vertreibung der Bolschewiki und Dashnaken aus Baku sowie die Verhinderung jeglicher Versuche der Engländer, sich dort niederzulassen. Die Zeit wurde auch knapp, denn die bolschewistischen Truppen waren bereits auf dem Weg nach Ganja, um der neugegründeten Aserbaidschanischen Demokratischen Republik ein Ende zu setzten. Die Probleme im Bezug auf die Versorgung wurden durch Bemühungen von muslimischen zivilgesellschaftlichen Organisationen angegangen, die Produkte auf dem Markt beschafften. Die finanzielle Unterstützung für das Korps wurde auch teilweise durch Beiträge von bekannten Mäzenen wie Gadschi Zeynalabdin Tagiyev und Musa Nagiyev sowie anderen sichergestellt. Aber auch die deutschen Kolonien leisteten einen Beitrag zum Sieg der ADR in dem auch sie die islamische Armee versorgten.

 

So gab es die Situation, dass die erste Hauptstadt der Neugegründeten ADR nicht Baku sondern Ganja war. Das lag daran, dass Baku zuvor von dashnakischeschen und bolschewistischen Gruppen besetzt worden war. Die Regierung der ADR befand sich also zunächst in Ganja, doch waren auch militante armenische Truppen präsent. Helenendorf nahm dabei einen wichtigen strategischen Punkt ein. Die Islamische Arme bot dabei dem freiwilligen deutschen Korps an, sich bei der Operation zu beteiligen. Die armenischen Truppen wurden so gemeinsam entwaffnet.

 

Die Beziehung zwischen dem Deutschen Reich und der Demokratischen Republik Aserbaidschan war angespannt, da die Bolschewiki eine Vereinbarung mit Deutschland getroffen hatten. Am 27. August 1918 wurde ein Zusatzvertrag zum Vertrag von Brest-Litovsk geschlossen, in dem sich die deutsche Seite verpflichtete, keine weitere Unterstützung für „Drittländer“ (damit war das Osmanische Reich gemeint) zu leisten. Im Gegenzug sollte ein Viertel des in Baku geförderten Öls an das Deutsche Reich gehen. Diese Abmachung führte zu Spannungen mit der aserbaidschanischen Seite, da faktisch mit aserbaidschanischem Besitz gehandelt wurde.

 

Währenddessen zerbröckelte die Bakuer Kommune. Essery, Dashnaktsutyun und Menschewiki befürworteten den Ruf nach Unterstützung durch die Engländer, während die Bolschewiki die Anwesenheit der Engländer als Ausbreitung des westlichen Kolonialismus ansahen. Die Engländer, die zu dieser Zeit in Persien stationiert waren, wurden trotz der Proteste der Bolschewiki hinzugezogen. Der Bakuer Sowjet, hauptsächlich bestehend aus Bolschewiki und Anhängern der Dashnakzutyun-Partei mit pro-bolschewistischer Ausrichtung, hörte Ende Juli 1918 auf zu existieren. An seiner Stelle wurde die „Zentralkaspische Diktatur“ etabliert, die von Dashnakzutyun-Mitgliedern, Essery und Menschewiki dominiert wurde. Diese Koalition erhielt Unterstützung von den britischen Streitkräften. Gegen Ende Juli entschieden sich die leitenden Kommissare des Bakuer Sowjets dazu, ihre Ämter niederzulegen und Baku zu verlassen. Diese wurde jedoch am 20 Dezember in Krasnovodsk, heute Turkmenbashi, von den Britten ermordet. Die Geschichtsschreibung der Sowjetunion machte später die Ermordung der 26 bakinischen Kommissare zu einem wichtigen Bestandteil des Märtyrerkults. Diese Ereignisse wurden genutzt, um die Opferbereitschaft im Kampf gegen imperialistische Mächte zu betonen und auf die Grausamkeiten dieser Mächte hinzuweisen.

 

Die Islamische Armee Marschierte am 15. September in die Stadt ein. Die Briten zogen es vor sich doch nicht mit der Islamischen Armee in ein Gefecht zu stürzen, und verließen Baku. In der armenischen Literatur wird oft die Zahl von 30-35 Tausend getöteten Armeniern nach der Einnahme von Baku genannt. Allerdings bestätigen Quellen diese Daten nicht. B. Ishkhanian, der 1920 unmittelbar nach den Ereignissen schrieb, berichtet von 5.24828 Todesopfern, ohne anzugeben, wie viele von ihnen durch bewaffnete Handlungen und wie viele durch Pogrome ums Leben kamen. Diese Zahl schließt zusätzlich 25% nicht identifizierte Opfer ein.

 

Die ADR: Der Weg zur Unabhängigkeit

 

Wie schon oben erwähnt, wurde jedem, der auf den Territorien Aserbaidschans geboren war, die Staatsbürgerschaft gewährt. Damit waren die Kolonisten die seit Generationen hier lebten direkt allen anderen Gleichgestellt. Auch bekamen die Deutschen eine Vertretung im Parlament. Von 120 Plätzten bekam die deutsche Minderheit einen Abgeordneten.

Hier ist ein Auszug aus der Begrüßungsrede des Abgeordneten Lorenz Yakovlewitch Kun am 10. Dezember 1918 bei einer Sitzung des Parlaments:

 

„Und so, da wir an der Schwelle eines neuen Jahrhunderts unseres Lebens im Kaukasus stehen, rufen wir, die Deutschen von Aserbaidschan, dazu auf, die positiven Vorzeichen in dieser grundlegenden Veränderung unseres Lebens zu sehen. Wir blicken ruhig in unsere Zukunft und glauben fest daran, dass wir unter dem Schutz der demokratischen Gesetze der jungen Aserbaidschanischen Republik die Möglichkeit haben werden, unsere nationale Eigenart zu bewahren und unser friedliches Arbeitsleben fortzusetzen. Wir sind immer bereit, mit Freude und all unserer Kraft, in enger Zusammenarbeit mit allen Bevölkerungsgruppen in unserer Region, zum Wohl und Wohlstand Aserbaidschans beizutragen.“

 

Parlamentsrede: Lorenz jakovlevich Kun. 10 Dezember.1918.

(Zeynalova S.80.“Nemeckie Kolonii v Azerbajdžane 1819 -1941.

Государственный Архив Азербайджанской Республики (ГААР)

Балаев А. Азербайджанское национально демократическое движение 1917-1920 гг., Б., „Элм“, 1990,с.88)

 

Auch bemerkenswert ist das 100 Jährige Jubiläum der Kolonie Helenendorf welches am 9. Juni 1919 staatfand.

Bedeutsam ist das Telegramm aus Baku, das vom Vorsitzenden des Parlaments der ADR, Agayev, gesendet wurde:

 

„Im Namen des Präsidiums des Parlaments der Republik Aserbaidschan begrüßen wir das hundertjährige Bestehen der Kolonie Helenendorf und senden die besten Wünsche für die weitere Entwicklung und das Wohlergehen dieser kleinen kulturellen Gemeinschaft.“.

(Zeynalova S.80.“Nemeckie Kolonii v Azerbajdžane 1819 -1941.)

 

Im Vergleich zur Politik des zaristischen Russlands, die vor allem seit dem Krieg immer weniger tolerant gegenüber den Deutschen im Land wurde, war die Existenz der Kolonien innerhalb der ADR schon fast eine Erleichterung. Die Deutschen genossen gleiche Rechte wie alle anderen Bürger, und wurden nicht daran gehindert, ihren Aktivitäten nachzugehen, und waren auch außerhalb der deutschen Kolonien aktive Bürger, die einen bedeutenden Beitrag zur Gesellschaft leisteten.

 

Es ist bemerkenswert, dass die Menschen in Aserbaidschan die ehemaligen deutschen Kolonien bis heute nicht vergessen haben. Sowohl auf staatlicher Ebene als auch auf individueller Ebene wird viel Wert auf ihren Erhalt und ihre Erinnerung gelegt. Die Menschen erinnern sich liebevoll an die deutschen Siedler, die hier friedlich lebten und im Jahr 1918 Teil eines vielversprechenden Staates wurden, dessen Verfassung seiner Zeit voraus war.

Die lutherische Kirche in Baku wurde zwischen 1895 und 1897 auf Initiative der deutschen Einwohner errichtet und am 14. März 1899 geweiht. Die deutschstämmigen Bewohner von Baku baten den Architekten Eichler, die Kirche im Stil der Kirche in Helenendorf zu gestalten. Die Anordnung von Präsident Alieyev zur Restaurierung der deutschen Kirche, die zwischen 1895 und 1897 in Baku erbaut wurde, war ein Beispiel für eine Freundschaftliche Geste gegenüber dem deutschen Volke.

 

Um die reichen historischen und kulturellen Verbindungen zwischen zwei Nationen stets im Gedächtnis zu behalten und zu würdigen, erließ Präsident Ilham Aliyev der Republik Aserbaidschan am 30. Juli 2016 eine Verordnung anlässlich des 200. Jahrestags der Ankunft der ersten deutschen Siedler im Südkaukasus. Im Jahr 2017 feierte man das 200-jährige Jubiläum der Ankunft dieser ersten deutschen Siedler im Südkaukasus.

 

Im Erlass heißt es:

Es ist denkwürdig, dass der 200. Jahrestag der Ankunft der ersten deutschen Siedler im Südkaukasien auf das „UNESCO Programm der Jubiläen von hervorragenden Persönlichkeiten und bedeutenden Ereignisse für die Jahre 2016-2017“ gesetzt worden ist. Die deutschen Siedler haben tiefe Spuren in der Geschichte und Kultur des aserbaidschanischen Volkes hinterlassen.“

Galiya Aliyeva: MAGAZIN KASPIJ № 230.  2019 S. 11-12 Dezember.

 

Die Erste Aserbaidschanische Demokratische Republik währte nicht lange. Am 27. April 1920 marschierten die sowjetischen Streitmächte in Aserbaidschan ein. Dieses Ereignis bedeutete eine neue Epoche sowohl für Aserbaidschan als auch für die dort lebenden Deutschen. Eine Epoche, die geprägt war von tragischen Ereignissen, ebenfalls für die beiden Völker. Doch dies ist eine andere Geschichte.

 

Die deutschen Kolonien im Gedächtnis der Aserbaidschaner.

 

Im Januar 2024 hatte ich zufällig die Gelegenheit, nach Baku zu reisen. Ursprünglich plante ich, nach Tovuz zu gehen, das damals die Kolonie Traubenfeld war. Leider waren die Landesgrenzen immer noch geschlossen, und ich konnte nicht die rund 100 Km auf dem Landweg von Tbilisi aus zurücklegen. Also wurde es die klassische Flugroute Tbilisi-Baku und zurück. Da sich die Kolonien eher in Westaserbaidschan befanden und ich nur 2 Tage in Baku verbringen würde, entschied ich mich, diese Reise zu unterlassen, und stattdessen Baku zu erkunden.

 

Während dieser zwei Tage kam ich mit verschiedenen Menschen ins Gespräch. Mit dem Mann an der Rezeption im Hotel, einem Souvenirladenverkäufer in Icherisheher (Altstadt Baku), einem Chai-Verkäufer und einem Sicherheitsmann. Alle verstanden Russisch, aber der Rezeptionist, der etwa in meinem Alter war (24 Jahre), beherrschte Englisch besser. Allgemein fiel mir auf, dass die Leute in Baku weniger Angst hatten, Russisch zu sprechen (vielleicht, weil man vor allem bei älteren Leuten mit Englisch weniger weiterkommt). Ich muss gestehen, dass in Tbilissi die Menschen zwar ebenfalls sehr nett und zuvorkommend waren, aber aufgrund der fast überall präsenten Anti-Russland-Graffiti hatte ich schon etwas „Besorgnis“, laut Russisch zu reden. In Baku fühlte sich jedoch alles entspannter an. Hier gibt es sogar einen russischen Schulsektor, in dem die Kinder offiziell Russisch lernen. Mit meinem leicht orientalischen Aussehen hätte ich auch als Kaukasierin oder andere Landsfrau durchgehen können, ohne einen Bezug zu Russland zu haben. Diese „Angst“ verflog jedoch schnell.

 

Ich sprach mit den Menschen über die aserbaidschanische Geschichte, die Safaviden oder Karabach. Auch begann ich, von meiner iranischen Seite zu erzählen, was zu meiner Überraschung überhaupt keine Negativität nach sich zog. Dabei dachte ich immer an die geografische Karte der Kaukasus-Region und wie sich Aserbaidschan zwischen Russland und Iran damals eingeklemmt fühlen musste. Und dann noch der Ukrainekrieg… der noch einmal gezeigt hat, dass das „Russische Imperium“ im zwanzigsten Jahrhundert keine  Einbildung ist. „Bin ich nicht der ultimative Feind für diese Menschen, wenn es nach der Nation geht? Vor allem, nachdem ich diese ganze Geschichte so gut studiert habe?“ .

 

Nein. Denn am Ende sind wir alle Menschen. Und am Ende bin ich, selbst mit iranischen Wurzeln, kulturell gesehen sogar viel näher an diese Menschen. Es war eine Art Lektion für mich. Umso überraschter war ich, dass selbst Sicherheitsmänner so gut über die deutschen Kolonien Bescheid wussten. Die lutherische Kirche in Göygöl (Helenendorf) ist sehr bekannt und wird umgangssprachlich „die deutsche Kirche“ genannt. Und alle die oben erwähnten Menschen kannten sie, wenn auch nicht die ganze Geschichte dahinter. Mit eigenen Augen habe ich erlebt, dass die deutschen Kolonien nicht nur ein fast vergessenes Phänomen in der aserbaidschanischen Geschichte sind, sondern ein wichtiges historisches Kulturgut, über das die Menschen in Baku fast mit Stolz berichten. Leider muss auch ein eher negatives post-sowjetisches Merkmal erwähnt werden. Außerhalb großer Städte oder wichtiger Orte wie zum Beispiel Göygöl sind die Straßen und Häuser eher verwahrlost. Ein Hotelmitarbeiter zeigte mir ein Video, in dem sein Bekannter außerhalb von Göygöl mit dem Fahrrad unterwegs war, und sich eine für die meisten post-sowjetischen Dörfer sehr bekannte Szenerie offenbarte. Die Menschen sind sich dieses Problems bewusst und nehmen es ähnlich wie Menschen in entlegeneren Teilen Russlands, Moldaus, der Ukraine und weiteren Staaten aus Gewohnheit mit Humor.

 

Ein wunderschönes Kapitel für mich als angehende Historikerin, das sicherlich weitergehen wird. Dabei hat alles damit angefangen, dass mein guter Freund, Ernst Mustafayev, mir nichts über sein Herkunftsland erzählen konnte. Nun kann ich ihm vieles erzählen! Und vor allem den ganzen Lesern!

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Bilder :

Datei : Evangelische Kirche in Baku

Datei : Strassenbild Helenendorf 1930

Datei : Kolonistenhof in helenendorf.

Musuem für Russlanddeutsche Kulturgeschichte.

 

Alle weiteren Bilder wurden von Wikipedia entnommen.